Strittige Szenen am 9. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die Elfmeter für Halle (2) und Rostock, das Gerangel zwischen Wendel (Lotte) und Fennell (Halle), das Foulspiel von Türpitz (Chemnitz) an Dercho (Osnabrück), ein nicht gegebener Treffer für Chemnitz und ein nicht gegebener Elfmeter für Erfurt. Am 9. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sieben strittige Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Sascha Pfeffer (Halle) geht bei einem Laufduell mit Kevin Pires-Rodrigues (Sportfreunde Lotte) im Strafraum zu Boden, Schiedsrichter Martin Petersen entscheidet auf Elfmeter. [TV-Bilder – ab Minute 3:20]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter ist glänzend postiert und entscheidet bei diesem Zweikampf trotzdem auf Strafstoß für Halle. Es liegt eine minimale Berührung des Spielers von Lotte an Pfeffer vor, sodass nicht im Ansatz von einem Foulspiel gesprochen werden. Warum sich der Schiedsrichter zu dieser Entscheidung hinreißen lässt, kann nicht ergründet werden. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 2: Nach einem Foul an Tim Wendel (Sportfreunde Lotte) sieht Royal-Dominique Fennell (Hallescher FC) die gelbe Karte, danach kommt es zwischen beiden Spielern zu seinem Gerangel. Wendel sieht ebenfalls Gelb, bei Fennell belässt es der Unparteiische bei einer Ermahnung. [TV-Bilder – ab Minute 4:40]

Babak Rafati: In dieser Szene provoziert Wendel seinen Gegenspieler in unsportlicher Weise, was zurecht mit Gelb geahndet wird. Im Hinblick auf Fennell ist es nicht erforderlich, eine weitere gelbe Karte zu zeigen. Somit eine richtige Entscheidung.

Szene 3: Dennis Brock (Sportfreunde Lotte) foult Klaus Gjasula (Halle) auf der Strafraumlinie, Petersen zeigt erneut auf den Punkt. [TV-Bilder – ab Minute 8:25]

Babak Rafati: Kompliment für diese Entscheidung. Der Schiedsrichter steht sehr gut und kann den gesamten Vorgang sehr gut sehen und entscheidet völlig zu Recht auf Strafstoß für Halle. Auch wenn das Foul sehr unspektakulär aussieht, kommt Brock einen Moment zu spät, trifft Gjasula auf den Fuß und hindert ihn am Weiterlaufen.

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Szene 4: Robert Paul (FSV Zwickau) klärt den Ball im Strafraum, bringt dabei jedoch auch Stephan Andrist (Hansa Rostock) zu Fall. Schiedsrichter Tobias Stieler gibt Elfmeter für Rostock. [TV-Bilder – ab Minute 0:05]

Babak Rafati: Ein sensationelles Stellungsspiel vom Schiedsrichter, sich durch einen Sprint so nah im sogenannten toten Winkel für den Schiedsrichter "hinzuarbeiten." Paul springt rücksichtslos und unkontrolliert in den Zweikampf und nimmt dabei in Kauf, Andrist zu treffen. Eine äußerst unglückliche und riskante Grätsche des Verteidigers. Hier werden ein bisschen Ball und viel Gegner abgeräumt, sodass der Schiedsrichter keine andere Wahl hat, als auf Strafstoß zu entscheiden. Daher eine richtige Entscheidung.

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Szene 5: Philipp Türpitz (Chemnitzer FC) holt Alexander Dercho (VfL Osnabrück) rüde von den Beinen, sieht dafür von Schiedsrichter Thorben Siewer aber nur Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 5:00]

Babak Rafati: Das gestreckte Bein von Türpitz ist schon sehr riskant, zumal der Chemnitzer billigend in Kauf nimmt, Dercho zu verletzen. Dadurch, dass er aber nicht voll durchzieht und zugleich der Gegenspieler intuitiv in einer Schutzfunktion hochspringt, wird er nicht voll getroffen. Daher ist die gelbe Karte eine korrekte Entscheidung. Der Schiedsrichter steht aber nicht optimal. Besser wäre es, wenn er nicht stehen geblieben wäre, sondern sich in eine Seitenposition gebracht hätte (gerade bei Aktionen, bei denen der Ball zu weit vorgelegt wird und Spieler auf diesen zustürmen ist besondere Sensibilität gefragt), denn so kann er nur spekulieren und nach Bauchgefühl entscheiden, wobei er hier und diesmal noch Glück hat.

Szene 6: Nach einem Pass von Anton Fink kommt Dennis Mast (Chemnitzer FC) an den Ball und trifft zum 3:0, wird aber aufgrund einer vermeintlichen Abseitsstellung von Siewer zurückgepfiffen. [TV-Bilder – ab Minute 7:05]

Babak Rafati: Dadurch, dass der Assistent einen Schritt zu weit vorn steht und somit nicht auf der gleichen Höhe mit dem vorletzten Verteidiger ist (der Torwart ist der erste Verteidiger), hat er nicht die optimale Position, um eine richtige Entscheidung treffen zu können. Durch diesen Schritt zu weit vorn, nimmt er den Angreifer optisch wahr und das führt letztlich zu der Annahme, dass dieser im Abseits steht. In der Mitte steht ein Verteidiger von Osnabrück und hebt dadurch das Abseits auf. Es liegt somit keine Abseitsposition vor, sodass folglich eine Fehlentscheidung getroffen wird. Es ist enorm wichtig, dass der Assistent immer konsequent und konzentriert die erforderliche Position einhält, weil leichte Verschiebungen den Blick komplett verzerren und zu einer falschen Entscheidungsfindung wie in diesem Fall führen können.

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Szene 7: Carsten Kammlott (Rot-Weiß Erfurt) kommt im Kampf um den Ball mit Branimir Bajic im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Benedikt Kempkes lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 20:40]

Babak Rafati: Ein ganz normaler Zweikampf in der Luft, bei dem kein Spieler Anstalten macht, regelwidrig spielen zu wollen. Der Angreifer geht mit dem Bein zum Ball, der Verteidiger stellt nur seinen Körper und es kommt zum Zusammenprall, wofür aber keiner etwas kann. Richtig hier, bei dieser fußballtypischen Aktion weiterspielen zu lassen.

 

 

   
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