Marteria im Interview: "Dankbar sein für das, was man erlebt hat"

Rapper Marteria erlebt aktuell seine erfolgreichste Zeit als Musiker. Sein neues Album "Zum Glück in die Zukunft II" stand auf dem ersten Platz der deutschen Album-Charts, in Österreich und der Schweiz landete er auf den Plätzen zwei und drei. Im Alter von 18 Jahren ging der gebürtige Rostocker Marten Laciny, so der bürgerliche Name des Künstlers, nach New York, um dort als Model zu arbeiten. liga3-online.de sprach am vergangenen Freitag kurz vor dem Abschluss seiner aktuellen Deutschland-Tour mit dem 31-Jährigen über seine Zeit als Jugendspieler, seine Entscheidung, die Karriere als Fußballer zu beenden und sein Leben als Fan des F.C. Hansa Rostock.

liga3-online.de: Hallo Herr Laciny, es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, während Ihrer Tour mit uns zu sprechen. Wie geht es Ihnen?

Marten Laciny: Mir geht es gut, alles perfekt. Schön, dass wir mal miteinander sprechen können.

Sie kennen liga3-online.de also?

Natürlich kenne ich euch, ich bin ja ein Drittligist. Ich mache auch immer bei der "Choreo des Monats" mit.

Es ist schön zu hören, dass wir solche berühmten Leser haben. Wie war der Auftritt in Erfurt gestern und wie läuft die Tour bislang?

Es war geil in Erfurt, die Tour läuft bisher super.

Was war bislang das Highlight der Tour?

Das ist sehr schwer zu sagen. Rostock war sehr schön, aber auch Berlin morgen wird klasse.

Sie haben natürlich eine starke Bindung zu Rostock, waren beim F.C. Hansa auch Jugendspieler. Wie lange waren sie in dem Verein aktiv?

Ich war meine ganze Kindheit bei dem Verein. Ich habe angefangen, als ich noch ganz klein war und habe mit 18 Jahren aufgehört.

Sie wurden von Horst Hrubesch auch in die U17-Nationalmannschaft berufen. Wie viele Spiele haben Sie bestritten?

(überlegt) Ich glaube, das war drei Mal. Man ist dann bei den Lehrgängen, trainiert und absolviert Trainingsspiele. Das gehört halt dazu, wenn man in der Jugend spielt. Da wird man auch mal eingeladen. Und wenn die Leistungen nicht stimmen, wirst du auch wieder ausgeladen – das geht dann ziemlich schnell.

Wissen Sie noch, wer der Gegner in Ihrem ersten Länderspiel war?

Das war Holland.

Wie ging das Spiel aus?

Keine Ahnung, wir haben auf jeden Fall gewonnen. Das ist jetzt zu lange her.

Mit 18 Jahren beschlossen Sie, mit dem Fußballspielen aufzuhören und als Model in New York zu arbeiten. Was war der Grund dafür, sich in diese Richtung zu orientieren?

Das haben Sie gerade schon selber beantwortet (lacht). Wenn man mit 18 Jahren die Chance hat, von Rostock nach New York zu gehen, muss man diese Möglichkeit wahrnehmen. Man würde es sonst sein Leben lang bereuen. Und man denkt ja auch, 'wenn das alles nicht klappt, gehst du wieder zurück und spielst Fußball'. Aber man muss das annehmen, jeder, der das nicht macht, hat keine Eier. Das ist der Sinn des Lebens, glaube ich.

Also war es der Reiz, die große weite Welt zu entdecken?

Ja, von Rostock nach New York ist jetzt nicht so scheiße.

Sie müssen viel richtig gemacht haben, schließlich sind Sie heute als Musiker sehr erfolgreich. Juckt es dennoch manchmal im Fuß und Sie überlegen, was passiert wäre, wenn Sie den Weg des Fußballers eingeschlagen hätten?

Ja, es war auf jeden Fall sehr lange so. Jetzt ist es so, dass ich sehr glücklich bin mit dem, was ich mache. Ich bin ja nach wie vor ein sehr großer Fußballfan, verfolge alles und bin, seit dem ich nicht mehr aktiv bin, ein noch größerer Fan vom Sport an sich geworden. Größer als ich es damals als Aktiver war. Ich verfolge natürlich in erster Linie meinen Verein und hoffe, dass es da bergauf geht und sich Einiges stabilisiert. Bei uns sind alle sehr fußballinteressiert. Es ist sogar ein Aufnahmemerkmal. Es kommen nur Leute in die Band, die Fußballfans sind (lacht). Es spielt sich dann alles in den unteren Ligen ab. Manche freuen sich dann mehr, manche weniger. Wir haben alle keinen großen Verein. Ein paar sind Kölner, unser Spanier ist aus Granada und freut sich, dass seine Stadt in der Primera Division spielen kann. Es ist ein kleiner Verein, der vor vier Jahren auch noch in der dritten spanischen Liga gespielt hat. Wir haben alle mal Auf und Abs und liegen alle so im Mittelmaß (lacht).

Sie sagten gerade, dass Sie nach Ihrem Karriereende ein noch größerer Fußballfan geworden sind. Man könnte ja denken, dass sich ein aktiver Spieler aus beruflichen Gründen nur mit dem Sport beschäftigt und man das gar nicht mehr steigern kann.

Das ist eine sehr logische Sache. Wenn du den ganzen Tag damit zu tun hast, Fußball zu spielen, dann willst du nicht nach Hause kommen und auch noch darüber reden oder nachdenken. Wenn ich jetzt bei "Mc Donalds" arbeiten würde, hätte ich am Abend auch keine Lust, nach Hause zu gehen und mir drei Burger zu machen. Das ist ganz logisch, glaube ich. Wenn du nicht mehr aktiv spielst, hast du wieder Spaß, darüber nachzudenken. Wenn du aktiv bist, dann eben nicht. Dann kommst du nach Hause, ballerst dir einen Teller Spaghetti rein, gehst ins Bett und pennst, weil du so fertig bist.

Weil Sie die momentane Lage bei Hansa eben angesprochen haben: Es muss doch schmerzen, Anhänger des F.C. Hansa und begnadeter Fußballer zu sein? Wünschen Sie sich manchmal nicht, auf den Platz zu gehen, die Schuhe zu schnüren und zu versuchen, den Jungs auf dem Spielfeld zu helfen?

Ach, das wissen die selber. Es sind halt einfach viele junge Spieler. Das nicht alle gefestigt sind und immer perfekt spielen, das ist ganz normal. Ich bin jetzt auch nicht groß traurig. Man gewöhnt sich an alles. Und immer wenn alles scheiße läuft, gibt es auch wieder einen Lichtblick – da kommt wieder ein neuer Trainer und dann kommt wieder ein Auf, dann geht es wieder runter. Das kennt man so. Man muss auch dankbar sein für das, was man erlebt hat. Und wir haben eben zehn Jahre lang hintereinander Bundesliga gespielt und haben die Bayern weggehauen, so oft wie keine andere Mannschaft. Und ich bin darüber sehr dankbar. Dann geht es irgendwann in die zweite Liga und dann steigt man wieder auf, dann geht es in die Dritte Liga und dann freundet man sich auch damit an. Wenn man natürlich im Pokal gegen einen Fünftligisten rausfliegt, ist das eine Sache, die tatsächlich sehr weh tut und wo man sich denkt, 'das kann jetzt nicht sein'. Wenn der Verein sich zusammenreißt und an jeder Ecke Geld spart und dann die 100.000 Euro Antrittsprämie vom DFB-Pokal so leichtsinnig weggeschmissen werden, ist es halt schon eine Frechheit und eine Schweinerei. Das geht gar nicht und da werden auch Konsequenzen gezogen – zurecht. Wenn man so viel gibt, muss man auch von der Mannschaft etwas zurückbekommen. Es ist eine Einstellungssache, wenn man im eigenen Stadion gegen einen Fünftligisten ausscheidet – aber das passiert halt und dann geht es wieder weiter. Dann muss man zusammenhalten und es muss weitergehen und das wird es auch. Unser Verein wird davon nicht sterben.

War die Entlassung von Andreas Bergmann nach dem Aus im Landespokal die richtige Entscheidung?

Nein, ich mag Andres Bergmann tatsächlich. Ich habe ihn persönlich kennengelernt, als ich Co-Trainer beim Freundschaftsspiel vor der Saison gegen den FC Bayern München war, das uns finanziell den Arsch gerettet hat. Das Zusammenspiel mit Andreas Bergmann klappte sehr gut und er war auch sehr nett. Ich habe auch absolut das Gefühl gehabt, dass er mit der Mannschaft sehr gut umgehen kann. Aber so ist das eben in dem Geschäft. Es war halt eine Konsequenz nach der Niederlage gegen Neubrandenburg. Da konnte man nicht drüber hinwegsehen.

Was glauben Sie, woran es liegt, dass es bei der "Kogge" momentan nicht läuft? Ist es der Jugend im Verein geschuldet oder hat es auch andere Gründe?

Es gibt natürlich tausend Gründe, aber im Endeffekt liegt es daran, dass die Spieler alle noch nicht so gefestigt sind und wir halt viele "Bad Boys" (lacht) haben, die von einem anderen Verein gekommen sind und jetzt ihren dritten Anlauf versuchen. Die haben alle fußballerisch ein unfassbares Talent und hätten auch Bundesliga oder zumindest zweite Liga spielen können, wenn sie ihr Potential immer abrufen würden. Dann hat man eben auch noch Verletzungspech: zum Beispiel Leonhard Haas. Er ist wirklich sehr, sehr wichtig für unsere Vorbereitung zum Tor und kann auch mal den Ball ruhig halten. Wenn so ein Spieler acht Wochen weg ist, kannst du das als Hansa Rostock heutzutage einfach nicht kompensieren. Aber es sind alles geile Typen und sie haben auf jeden Fall auch das Herz und den Willen, Fußball zu spielen, aber manchmal klappt das eben nicht. Und wenn du in der Dritten Liga mal eins, zwei Spiele verlierst, ist automatisch so ein komischer Druck da. Und dann musst du eben gegen zweite Mannschaften oder Elversberg gewinnen, das sind angeblich klare Sachen. Aber so klar ist das nicht.

Verfolgen Sie als Fußballfan auch das Geschehen der Dritten Liga oder liegt der Fokus allein auf Hansa?

Man interessiert sich immer für alles. Der Hauptfokus ist natürlich bei deinem Verein, aber man ist auch Fußballfan und guckt, was so passiert. Es gibt ja auch viele alte Rostock-Spieler, die jetzt bei anderen Vereinen sind.

Und wer ist für Sie die positive Überraschung der Drittliga-Saison?

Das ist schwer. Dafür hänge ich mit dem Herzen zu sehr an Hansa, um jetzt sagen zu können 'wow, super, das Darmstadt gerade so gut ist'. Dass natürlich gerade Dominik Stroh-Engel, der jetzt gefühlt 28 Tore hat, auch gegen Rostock gefühlt acht Mal pro Spiel trifft, nervt einen. Aber Darmstadt ist die Überraschung, damit hat natürlich keiner gerechnet. Bei Red Bull war es vorherzusehen. Wenn man hundert Mal so viel Geld hat wie alle anderen und alles bezahlen kann, dann ist es natürlich klar, dass die oben mitspielen. Und es war sehr schön, dass wir bei Red Bull gewonnen haben. Das war ein sehr, sehr emotionaler Sieg.

Waren Sie im Stadion?

Ja, war ich.

Im Gästeblock?

Natürlich (lacht).

Sind Sie oft bei Heimspielen vor Ort?

Zu Hause bin ich meistens mit meinem Sohn im Stadion – schön entspannt und ruhig. Auswärts habe ich dieses Jahr oft probiert. Aber dieses Jahr lief es echt beschissen, da ich viele Termine hatte und diese so lagen, dass ich nicht hinfahren konnte. Letztes Jahr waren es viel mehr Spiele. Wenn ich in absehbarer Zeit mal Ruhe und Zeit habe, versuche ich, ein Jahr komplett mitzufahren und mir alle Spiele anzugucken. Aber dieses Jahr ging es durch die Tour und den Album-Release nicht. Aber vier bis fünf Auswärtsspiele werden es dann trotzdem.

Weil sie RB Leipzig angesprochen haben: Wie stehen Sie zu diesem Verein?

Es gab bei uns eine Fahne im Block, die sehr aussagekräftig war. Und zwar, dass es nur Chemie und Lok in Leipzig gibt, weil das die Traditionsvereine der Stadt sind. Es ist ja auch eine Entwicklung in der zweiten Liga. Ein Verein wie Sandhausen hat vielleicht eine kleine dörfliche Tradition. Natürlich gibt es Leute, die den Verein mögen, das kann ja alles sein, aber wenn da nur zwei bis drei Tausend Zuschauer kommen ist das etwas Anderes als wenn 20.000 kommen. Aber da arbeiten Leute gut und da haben Menschen Geld und stecken das in den Klub. Leider sterben die Traditionsvereine weg. "Red Bull" macht es sehr gut, dass sie Sportarten, die keine Aufmerksamkeit bekommen würden, wie Ski- und Snowboard-Events, eine Plattform geben. Aber beim Fußball will es der Mateschitz einfach wissen. Das hat er mit der Formel 1 gezeigt und das zeigt er jetzt mit dem Fußballverein und ballert da sein Geld rein. Im Endeffekt ist es klar, dass so ein Verein dann hochkommt und Klubs, die nicht das Geld haben oder bekommen, im Nachteil sind. So ist das halt und so ist es gerade auf der ganzen Welt. Und ich finde es absolut richtig, dass man da auch mal lautstark etwas sagen kann.

Zum Abschluss: Was denken Sie, welchen Platz Hansa am Ende der Saison belegt, reicht es noch zu Rang vier und dem DFB-Pokal?

(lacht). Unwahrscheinlich. Toll wäre es natürlich, aber sehr unwahrscheinlich. Der Platz ist mir egal, die Hauptsache ist, dass wir nicht absteigen.

Das sieht ja gut aus. Da müsste schon viel schief gehen.

Aber wir kennen es im Verein, dass ganz viel schief geht (lacht).

Vielen Dank für das Interview, viel Spaß bei der weiteren Tour und alles Gute für die Zukunft. 

Dankeschön, das wünsche ich auch.

FOTOS: materia.com

   
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